Wie lange dauert eine Weile?

Innerhalb der letzten 1 1/2 Wochen, in denen ich nicht geschrieben habe, ist eigentlich nichts sonderlich interessantes passiert.

Ich habe brav jeden Tag alle meine Tabletten genommen und meine linke Hand war trotzdem der Meinung, 3-18 Mal am Tag zu krampfen. 
Ja, die Apothekerin hatte zwar gesagt, dass es am Anfang erst einmal schlimmer wird, bevor es besser wird, aber was genau heißt das?

Eine Woche, einen Monat oder ein Jahr?

Ich bin weiterhin donnerstags und freitags zur IRENA gegangen und hatte dort am Donnerstag ein grandioses Erlebnis: Die Therapeutin war der Meinung, dass ich nach 20 Minuten auf dem Laufband doch noch eine Runde auf dem Crosstrainer machen kann, auch wenn ich das bisher noch nie gemacht hatte. Weiterhin war bzw. ist sie der festen Überzeugung, dass das bei mir keine fokalen Anfälle der Epilepsie sein können sondern etwas anderes, wobei sie auch nicht weiß, was. Sie hätte es noch NIIIIIIIIE gehört, dass sowas bei MS auftaucht (Wikipedia sagt: Rund 4 % der MS-Erkrankten leider im Laufe der Zeit auch an Epilepsie).

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe vor lauter Stolz 7 Minuten auf diesem Teufelsgerät verbracht (obwohl mir schon nach nach einer Minute nicht ganz mulmig zumute war). Anscheinend sah ich danach so beschissen aus, dass sofort der Oberarzt angerufen wurde und ich zu diesem bzw. zu den Schwestern musste. Nach 5 Minuten ging es mir wieder super und das war von meiner Seite aus abzusehen, da ich ja, wie ihr wisst, einfach nur nicht so gut mit Anstrengung und Hitze zurechtkomme. Also der ganze Trubel umsonst.

Nächste Woche Freitag habe ich schon mein Abschlussgespräch bei der IRENA, da ich diese wegen England vorzeitig beende und mich deswegen als Ausgleich heute auch im Fitnessstudio angemeldet habe.

Weiterhin war ich gestern bei Kali, habe ein neues EEG über mich ergehen lassen (welches wieder enorme Ausschläge gezeigt hat) und habe mich dann mit ihr darüber unterhalten, dass die Tabletten bisher nichts bringen. Also wurde ich jetzt auf die doppelte Dosis eingestellt und alle hoffen nun, dass es hilft. Allen voran mein, absolut trainierter und vor Muskelkater brennender, linker Oberarm. Krampfen tut weh und sieht blöd aus. Ehrlich!
Da ich einmal da war, hat sie gleich die Dokumente für den Zoll unterschrieben, damit ich ohne Probleme nach England einreisen kann.

Ohhh, was haben wir denn da?  156 Mal Tec..Tecfidera. Aha. 200 Mal Levi..Leva..Leve.. Ach sie wissen schon. Dann noch 200 Mal Vitamin B6, 800 Mal Vitamin D3..  und.. Was sind sie? Drogenhändler oder so?

So ungefähr habe ich mir innerlich den Dialog mit dem Zollbeamten am Flughafen vorgestellt, wenn er meinen Rucksack durchschaut. Aber mit Kalis Unterschrift wird ja hoffentlich alles gut werden.

Die Prüfungsphase ist schon im vollen Gang und ich habe wenig Zeit zum Schreiben. Ich hoffe, dass ihr trotzdem an mich denkt und auf mich wartet.
ABER: Ich mache mir keinen Stress, da Stress schädlich ist für mich!

Kurze Revue meines Reha-Psychotherapeuten: 

Ne 4 ist nicht anstrebenswert, aber bestanden!

Ich kann es einfach nicht fassen!

Diesen Spruch hört man wahrscheinlich in den letzten Tagen öfters von mir. Und zwar meine ich ihn wortwörtlich und nicht im übertragenen Sinne – leider.

Denn es ist äußerst schwierig, mit einer Hand, die sich regelmäßig verkrampft, normal zu handeln. In der letzten Woche habe ich gemerkt, was nicht funktioniert, wenn die Hand gerade eine Spastik hat:

  • Schuhe anziehen und zubinden
  • einen Zopfgummi festmachen oder lösen
  • ein Glas Wasser halten
  • jemandem die Hand reichen (nein, das war ein Spaß, das geht trotzdem; auch, wenn es doof aussieht)

Zum Glück beschränkt es sich im Moment auf meine linke Hand, wobei in den letzten zwei Tagen auch synchron mein linker Fuß verkrampft war – sicherlich aus Solidarität!

Und wie die Apothekerin es heraufbeschworen hat, ist es wirklich so, dass es erst einmal schlimmer statt besser wird. Waren es anfangs nur ein paar Krämpfe am Tag, tritt es jetzt ungefähr ein Mal pro Stunde auf. Seit heute merke ich allerdings, dass die Tabletten anschlagen (hoffentlich) – die Hand zuckt zwar und will krampfen doch es scheint, als würde etwas dagegenhalten. Wahrscheinlich die Levetiracetam; meine neue Freundin, auf die Tec hoffentlich nicht allzu eifersüchtig ist. Ich nenne sie Levi; den Rest kann sich eh niemand merken.

Levi wirkt sich allerdings wirklich etwas auf meine Psyche aus, wie auch in der Packungsbeilage, die ich lieber nicht hätte lesen sollen, gewarnt wurde. Ich habe beispielsweise vor ein paar Tagen bitterlich angefangen zu weinen, weil ein Gutscheincode nicht funktioniert hat und ich mich so unfähig wie noch nie in meinem Leben zuvor gefühlt habe. Hoffentlich helfen da die Vitamin B6-Tabletten, die ich nehme.

Ist es nicht unendlich nervig, Tabletten zu nehmen, die gegen die Nebenwirkungen der anderen Tabletten helfen sollen? Was für ein Teufelskreis!

Weiterhin fühle ich mich, als hätte ich täglich mehrere Stunden Sport gemacht: Durch die Krämpfe habe ich sowohl in meinem linken Oberarm, als auch in meinem Po schrecklich schmerzenden Muskelkater. Und eins kann ich euch sagen: Auch, wenn die Krämpfe nur eine halbe Minute andauern, tut es höllisch weh, wenn sich alles zusammenzieht (abgesehen davon, dass es ziemlich blöde aussieht).

Hiob ist definitiv zu überambitioniert

Ich denke zumindest, dass er endlich mal aufhören könnte, mit schlechten Nachrichten um sich zu werfen..

Ich habe heute morgen gegen 8 Uhr eine E-Mail von Kali bekommen, dass ich sofort in die Praxis kommen sollen auf Grund meiner Beschwerden. Gesagt, getan. Punkt 9 saß ich gestriegelt und auf’s Schlimmste gefasst in ihrer Praxis.

Ich bin lernfähig! Ich habe mir heute morgen im Stress gleich noch ein Buch mitgenommen, um bei der Kortison-Infusion dieses Mal etwas zu tun zu haben.

Ich wurde nach einigem Warten in das erste Untersuchungszimmer gerufen, musst meine Haare aufmachen (was sichtlich schlecht funktioniert, wenn eine Hand nur noch krampft und man sie nicht kontrollieren kann) und letztendlich mussten wir meinen Haargummi zerschneiden, da ich es so verwüstet hatte, dass es anders nicht mehr ging.
Ich bekam wieder Elektroden auf den Kopf geklebt und es wurden Stromimpulse an meine Fußknöchel gegeben – das kannte ich ja bereits durch die Reha. SEP wird diese wunderschöne Methode genannt.

Danach ging es zu Kali ins Zimmer, welche mal wieder meine Reflexe testete, mich laufen lies (trotz aller Mühe hatte sie heute leider kein Foto für mich) und dann sagte, dass das nicht reicht, um zu wissen, wieso ich krampfe und sie einen weiteren Test machen muss.
Ob es nun EEP oder EEG hieß, habe ich nicht so recht verstanden, jedoch wurde mir eine Gummihaube mit Löchern aufgesetzt, durch die Elektroden auf meinen Kopf angeschlossen wurden (ich hasse diese besch***ene Klebecreme, die noch nach 1000 Malen waschen in den Haaren klebt!) und dann musste ich nur 20 Minuten dasitzen und meine Gehirnströme wurden gemessen.

Ich war kurz davor, die Schwester zu bitten, ein Foto von mir zu machen, da ich sicherlich sehr lächerlich aussah und euch das zeigen wollte; letztendlich habe ich es doch gelassen. Ich nenne diese Methode ab jetzt lieblich Elektrischer Stuhl.

Nach weiterem Warten durfte ich wieder zu Kali, deren Anwesenheit anscheinend beruhigend auf meinen spastischen Arm wirkte, da ich während der 2 1/2 h in ihrer Praxis keinen Krampf hatte. Quintessenz: Eine gute und eine schlechte Nachricht.

Die Gute: Es ist KEIN Schub!!!!!!

Die Schlechte: Es ist Epilepsie.

Tja, ihr hätte nicht gedacht, dass ich euch noch überraschen kann, nachdem ihr schon so viel von mir wisst. Aber doch, mein Körper ist immer für eine Überraschung gut.

Von den 200 MS-Erkrankten, die Kali behandelt, haben 4 davon (mit mir jetzt 5) diese Symptome. Eine Art der Epilepsie, die anscheinend durch einen Herd ausgelöst wurde, der nahe an meiner rechten Hirnrinde sitzt und durch den Wetterumschwung geweckt wurde. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das passiert wäre.

Aber keine Sorge, es sei besser als ein Schub, da das bedeutet, dass keine neuen Herde dazugekommen sind und sich diese epileptische Anfälle durch Medikamente gut behandeln lassen. Weiterhin muss ich zusätzlich Vitamin B6 nehmen, da sich die neuen Tabletten negativ auf die Psyche auswirken können und dem so entgegengewirkt wird. Yeeey, das heißt:

Morgens: 1 x Tec, 1 x Epilepsiehemmer, 1 x B6

Abends: 1 x Tec, 1 x Epilepsiehemmer

Und 3 mal wöchentlich mittags noch Vitamin D3. Ich fühle mich wie eine alte Omi, die sich mit Medikamenten vollstopfen müssen. Aber so ist es nun, ich weiß, was los ist und es kann behandelt werden.

Ich hab die Praxis mit einem riesigen Lächeln verlassen. Auch, wenn jetzt der nächste Mist dazugekommen ist und mein wunderschöner Dutt vom Morgen sich in ein Vogelnest voller Elektrodenkleber verwandelt hat, habe ich keinen Schub! Es sind die kleinen Dinge im Leben, an denen man sich erfreuen sollte!

Weiterhin bin ich so unglaublich überwältigt von den Wellen, die mein Blog schlägt. 200 Leute, die meinen Blog lesen sind so unglaublich viel mehr als ich je erwartet hatte und ich danke jedem einzelnen so unendlich. Egal, ob stummer Leser oder jemand, der mir über Whatsapp, Facebook oder telefonisch Kraft wünscht. Danke! Tragt die Seite weiter an Bekannte, Freunde, Familie und lasst uns so alle gemeinsam empfindlicher für Multiple Sklerose werden!

Moin…

  1. Es kommt immer anders..
  2. ..als man denkt.

Eigentlich wollte ich euch von unserem Aufenthalt in Hamburg erzählen, wie wunderschön es war, wie grandios die Stadt ist, wie faszinierend das Musical von ‚Der König der Löwen‘ war und wie wenig ich an die Bratwurst denken musste. Ich habe in den meisten Zeiten völlig vergessen, dass ich krank bin oder irgendwie nicht normal. Nur manchmal gab es Momente, wo ich schmerzlich (im wahrsten Sinne des Wortes) daran erinnert wurde. Einer dieser Momente war folgender:
Wir liefen aus einer Passage mit jeweils einem Falafel-Brötchen in der Hand eine Treppe nach oben. Wie es kommen musste, konnte sich mein zermartertes Hirn nicht auf das Treppensteigen und auf das Halten des Brötchens gleichzeitig konzentrieren. Da liegt man dann. Am hellen Tage auf einer Treppe in der Innenstadt in Hamburg. Und man weiß nicht, wieso man gerade weint. Ob wegen der Krankheit, die einen in diese Situation gebracht hat, ob wegen des aufgeschlagenen Ellenbogens oder wegen der Tatsache, dass 1/4 des leckeren Brötchens auf der dreckigen Treppe liegt. Wahrscheinlich führten mich alle 3 Gründe zum Weinen.

Als wäre das nicht genug gewesen, habe ich jetzt auch noch Angst. Angst, dass mich schon wieder ein Schub in seinen festen Klauen gefangen hat. Gestern in der Nacht bin ich aufgewacht, da mein linker Arm komplett taub wurde und ich ihn nur noch schwer bewegen konnte. Ich habe sofort meinen Freund geweckt, der mir geholfen hat, ihn zu massieren und irgendwie wieder wach zu bekommen.

Ich lag nur blöd, da schläft der Arm bei vielen Menschen ein.

Doch wieso passierte es heute, als ich einfach nur auf der Couch saß und ein Buch gelesen habe, schon wieder? Nur ein paar MInuten, dann war alles wieder okay. Nur leider war diesmal das linke Bein mit inbegriffen. Sofort habe ich Kali ein E-Mail geschrieben und um einen kurzfristigen Termin gebeten, um bei einem eventuellen Schub schnellstmöglich zu handeln.

Handeln = Stoßtherapie mit Kortison

Wieso schon wieder? Wieso genau jetzt? Wieso immer vor Prüfungen und unserem nächsten geplanten Aufenthalt in England?

Ich bin wütend! Wütend auf diese scheiß Bratwurst! Aber vielleicht mache ich einfach nur die Hunde heiß und es hängt mit meinem monstermäßigen Sonnenbrand auf meinem Arm zusammen, den ich mir bei der Stadtrundfahrt geholt habe oder ich bekomme einfach langsam Paranoia.

Drückt bitte alle eure Daumen, dass es nicht das ist, was ich befürchte. Bitte..