2017.

Nun sind wird schon am Ende des Jahres angekommen und dieses Jahr ist unglaublich schnell vergangen. Schon stellen mein Freund und ich uns wie jedes Jahr die Frage:

Was genau ist eigentlich in diesem Jahr passiert?

Ende des letztens Jahres konnten wir uns an kaum etwas Nennenswertes erinnern, obwohl ich 2016 meine Ausbildung beendet, mein Auto verkauft, wir die Katzen weggegeben haben und in Berlin waren.
Aber trotz all diesen Punkten sind wir vor gut einem Jahr zu dem Ergebnis gekommen, das nichts davon wirklich groß, wichtig oder erinnerungswürdig war.

Ich habe mich sofort gefragt, warum das so ist.

Zum Ende diesen Jahres glaube ich, die Erklärung dafür gefunden zu haben: wir hatten alles, was das Herz begehrt und was wir haben wollten. Trotz vieler negativer Erinnerungen an 2016 hatten wir am Ende des Jahres uns und Gesundheit (wobei ihr wisst, dass das Jahr 2016 auch schon von der MS geprägt war). Wir haben einfach so vor uns hingelebt; Tag ein – Tag aus. Jeden Tag zur Arbeit, am Ende des Jahres jeden Tag zur Uni. Jeden Tag der selbe Tagesablauf und alles bis in die letzte Sekunde geplant.

04.01.2017

Und schon ist es fast ein ganzes Jahr her, als ich Kali kennenlernte – die beste Neurologin, die ich hätte bekommen können. (Ich glaube eigentlich nicht so sehr an Schicksal, doch das muss es definitiv gewesen sein!) Am Anfang dieses Tages war mir nicht bewusst, dass ich jemanden kennenlerne, der mir auf einem sehr schweren Weg unter den Arm greifen wird und mir den Weg zeigen wird. Wer hätte denn auch gedacht, dass gerade MICH so etwas treffen könne?

Das passiert doch nur bei anderen Menschen, mich trifft so etwas nicht.

Ganz ganz schnell habe ich gemerkt, dass ich die wohl besten Wegbegleiter an meiner Seite habe – meine Familie, meinen Freund, meine langjährigen Freunde und selbst die erst neu kennengelernten Kommilitoninnen hielten mich fest, als ich zu fallen drohte. Auch hier sage ich nochmal mit Tränen in den Augen DANKE an euch – ihr wisst genau, dass ihr gemeint seid!

Ich fing unbewusst an, das Leben mit anderen Augen zu sehen. Anfangs war die ganze Welt etwas benebelt, da ich kaum wusste, wie ich mit mir umzugehen habe. Wie ich mit der MS umzugehen habe. Und wie ich das alles schaffen soll..

Die Reha im März hat mein Sichtfeld klarer gemacht, ich habe unglaublich tolle, aufmunternde und lebensfrohe Menschen kennenlernen dürfen (Susi und Heike, ihr habt noch immer meinen tiefsten Dank) und gelernt, dass es die Krankheit am meisten stört, wenn ich ihr den Kampf ansage!

Jetzt, Ende Dezember, kann ich sagen, dass das Jahr 2017 ein gutes war. Zwar habe ich wohl den größten Schlag gleich am Anfang des Jahres mitten ins Gesicht bekommen, jedoch habe ich gelernt, wie ich zurückschlage. Ich habe den Sport lieben gelernt und gemerkt, wie sehr ich ihn brauche, um so (physisch und auch psychisch) stark zu bleiben, wie ich es jetzt bin. Ich habe unglaublich viele Freunde dazugewonnen und viele Freundschaften stärken können. Ich habe eine Community von Gleichgesinnten, sehr starken Persönlichkeiten, entdeckt, die sich jeden Tag aufmuntern oder sich mit dir über etwas ärgern. Die wichtigste Erkenntnis ist allerdings diese:

Ich habe nur ein einziges Leben. Trotz meiner Krankheit muss und werde ich das Beste aus mir herausholen und mich nicht von Rückschlägen kleinkriegen lassen. Nicht die MS bestimmt mein Leben. sondern ich die MS.
Jeden einzelnen Tag aufs Neue!

Neuigkeiten!

Ich habe das Gefühl, dass ich euch in letzter Zeit nur noch überrasche. Ich mag es mehr, wenn ich euch erst Dinge erzähle, wenn sie in Sack und Tüten sind, anstatt die Hunde heiß zu machen mit der Gefahr, dass es doch nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt hatte. Das passiert ja leider öfters – besonders mit einer unberechenbaren Krankheit!

Erste neue Information: Ich habe meinen ersten offiziellen Beitrag veröffentlicht bzw. wurde er von der Rubrik Einblick der Zeitschrift MS persönlich veröffentlicht. Ich habe ihn schon im August geschrieben und mit dem neuen Monatsthema „Achtsamkeit“ wurde er im Dezember veröffentlicht.
Wenn ihr möchtet, könnt ihr euch den Beitrag gerne unter dem unten angegebenen Link anschauen. Werft auch unbedingt einen Blick in die Beiträge der anderen wunderbaren Autoren!

https://einblick.ms-persoenlich.de/artikel/muss-ich-jetzt-alles-aendern-oder-reicht-es-wenn-ich-etwas-achtsamer-bin

Zweite Neuigkeit: Ich habe einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung gestellt. Dazu musste ich mir eine Bescheinigung von Kali holen, auf der steht, dass ich eine schwerwiegende chronische Erkrankung habe und das Ende der Behandlung nicht vorauszusehen ist. (Ob es das jemals sein wird?) Da ja meine Physiotherapie mich nun für eine sehr sehr lange Zeit und eventuell auch über Jahrzehnte begleiten wird, habe ich mich zu diesem Schritt entschieden. Eingereicht werden können jegliche Zuzahlungen von Medikamenten, Behandlungen (wie z.B. der Physiotherapie) und Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalten. Drückt mir die Daumen, dass alles funktioniert. Denn als Student (und sicherlich auch allgemein) geht sowas mit der Zeit wirklich sehr aufs Geld.

Dritter und wichtigster Punkt: Ich habe gestern einen Brief vom Sozialamt in Leipzig bekommen.
Wie ihr wisst, habe ich vor 1 1/2 bis 2 Monaten einen Antrag auf Schwerbehinderung gestellt. Mir wurde in der Reha damals von vielen lieben Leuten gut zugeredet, dass ich es versuchen soll und dass es eigentlich nur Vorteile bringt und man somit den anderen „beweisen“ kann, dass man schwerkrank ist, auch, wenn man es einem nicht ansieht. Meistens ist es bei Erkrankten an Multiple Sklerose so, dass sie, je nach Beschwerden/Einschränkungen einen Grad der Behinderung (GdB) von 30-40 bekommen und dann einen Widerspruch einlegen müssen auf Gleichstellung. ich habe im vornherein von so vielen Beispielen gehört, wo man bis zu einem halben Jahr auf die Bearbeitung gewartet hat. Ich habe mich also auf das Schlimmste, auf einen langwierigen Kampf, eingestellt. Gestern kam nun der Brief
Der Antrag wurde bewilligt. Als ich weiterlas, musste ich ungewollt aufschreien.

Swenni, was ist los?

60. In Worten: Sechzig.

Ich hab es nicht glauben können, jedoch wurde mir schon beim Erstantrag ein GdB von 60 zugeteilt. Das ist wirklich viel mehr, als ich erwartet hatte!
Folgende drei Einschränkungen haben zu diesem Entschluss geführt.
1. Anfallsleiden (meine Epilepsie)
2. organische Nervenschäden
3. Sehminderung beidseitig

Dieser GdB ist mir jetzt bis Juli 2020 befristet zugeteilt. In 2 1/2 Jahren wird geprüft, inwiefern sich der Punkt „Anfallsleiden“ geändert/gebessert hat. Doch bis dahin habe ich einen Schwerbehindertengrad von 60. Auch, wenn ich es ziemlich erschreckend finde, dass ich mit 22 Jahren schon schwerbehindert bin, bin ich unendlich froh, dass es so schnell und unkompliziert geklappt hat und ich positiv in die Zukunft schauen kann.

Auch, wenn ich jetzt offiziell behindert bin, kann ich unendlich froh sein, dass es mich nicht schlimmer getroffen hat, dass ich von keiner tödlichen Erkrankung betroffen bin, bisher noch gut auf meinen Beinen stehe, noch sehen kann und mein Leben trotz Einschränkungen vollständig und in vollen Zügen genießen kann. Es ist wirklich wichtig, sich auf die positiven Seiten zu konzentrieren.
Und davon gibt es so unendlich viele!

PS: Mit den Vorteilen, die mir dieser Bescheid (besonders als Student) bringt, muss ich mich erst einmal auseinandersetzen. Aber falls ein treuer Leser hier auch einen GdB hat und mir Tipps oder Hinweise geben kann, kann er mir gerne per Facebook, Instagram oder gern auch hier als Kommentar schreiben. Ich würde mich riesig freuen!

Niemals ein Opfer – immer ein Kämpfer.

Wie ihr sehen könnt, ist mein Unterarm seit gestern mit einem neuen Schmuckstück verziert. Und nein, die Schleife ist nicht rot und steht für AIDS, sondern sie ist orange und steht für die MS. Da dieses Foto allerdings direkt nach dem Stechen entstanden ist, ist natürlich alles noch sehr gerötet.

Es tat nicht so sehr weh, wie ich es in Erinnerung hatte von den anderen Tattoos und ich bin wirklich begeistert, wie schön es geworden ist!

Der Anker steht dafür, dass ich standhaft bleibe und mich von dieser Krankheit nicht völlig einschränken lasse. Natürlich muss ich mehr auf meinen Körper hören und mehr darauf achten, was ich mache und wie ich mir meine Kraft einteile. Aber das heißt doch noch lange nicht, dass man seinen Lebensmut verliert, oder?

Ich war am Donnerstag bei Kali zur Kontrolle, da der Schub da genau zwei Wochen vergangen war. Und wisst ihr, was das Ergebnis war?
Die Sehkraft auf dem rechten, schlechten Auge, ist von 50 % auf 80 % gestiegen! Ich hatte schon gemerkt, dass ich anscheinend besser lesen kann, aber das so direkt und objektiv nochmal zu hören, hat mein Herz viel höher schlagen lassen! Das Kontrastsehen und die Rotsättigung sind zwar noch nicht wieder da, jedoch dauert das immer etwas länger. Im Januar soll ich dann wieder hin, um ein neues VEP machen zu lassen. Ich bin gespannt! Und im März geht es dann zum jährlichen MRT, um zu schauen, was Tec verhindern konnte – bzw. was sie nicht verhindern konnte…

Der Termin hatte allerdings auch einen bitteren Beigeschmack: Die MS hat sich auch auf meine Blase geschlagen und somit musste ich einen Termin beim Urologen machen.

Ich habe mich wie ein Eindringling gefühlt!

Der Altersdurchschnitt in der Praxis war deutlich höher als der in meiner Heimatstadt (die bemerkenswerterweise den höchsten Altersdurchschnitt Deutschlands hat..). Lauter alte Leute schauten mich an, als hätte ich ihr Territorium betreten und sollte doch schnellstmöglich wieder aus ihrem Reich verschwinden. Ich habe zum Glück schon einen Termin im Januar bekommen und bin gespannt, was dabei rumkommt. Falls jemand genauere Fragen hat, kann er mir gerne schreiben, ich möchte dieses Thema nur ungern so breittreten – ich hoffe, ihr versteht mich.

Nun muss ich schauen, wie die nächsten Wochen werden, da ich von meiner Tätowiererin eigentlich verboten bekommen habe, innerhalb der nächsten zwei Wochen Sport zu machen. Allerdings wisst ihr ja, wie schnell sich bei mir besonders die Beinkraft zurückbildet und das möchte ich natürlich gerne vermeiden. Ich bin in einem Gewissenskonflikt, den ich hoffentlich bald mit mir selber klären kann.

Ich habe ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass ich euch hier in letzter Zeit so wenig auf dem Laufenden halte, doch es ist natürlich etwas stressig im Moment, wie ihr euch vorstellen könnt. Bitte seid mir nicht böse. Ich versuche, auf Instagram möglichst aktiv für euch zu sein.

Bleibt gesund und habt einen schönen ersten Advent!